Märchen der Woche 30/2010


aus der Märchensammlung „Drei Rosen auf einem Stil“
Autor unbekannt

Drei Rosen auf einem Stiel

Auf einem abgelegenen Hof, nahe bei einem großen Tannenwalde, lebte einmal ein Bauer, dem seine Frau schon vor Jahren gestorben war. Zum Glück hatte er aber zwei erwachsene Töchter, die eine blond und die andere schwarz; die führten ihm nun den Haushalt, versahen den Stall und das Hühnervolk und halfen auch draußen auf dem Felde mit, so gut sie konnten. Meist richteten sie es aber so ein, dass die eine dem Vater bei den bäuerlichen Arbeiten half, während die andere zu Hause blieb und dort nach dem Rechten sah. Denn es war nun einmal so, und niemand wusste eigentlich zu sagen warum, dass die zwei Schwestern sich nicht vertrugen, sondern sich wegen jeder Kleinigkeit zankten oder tagelang, ohne sich ein Wort zu gönnen, aneinander vorübergingen. Dem Vater aber waren beide gleich lieb; er bemühte sich redlich, keine der andern gegenüber zu bevorzugen, und erfreute sie häufig durch Geschenke, die sie sich immer selber wählen durften. Als er darum eines Tages wieder einmal auf den Markt ging, rief er sie zu sich in die Stube und fragte:
„Ihr wisst ja, heut ist Markt im Dorf drunten; was soll ich euch mitbringen?“
„Ich möchte ein schönes Sonntagskleid haben“, sagte die eine.
„Und ich wünsche mir drei Rosen auf einem Stiel“, entgegnete die andere. „Drei Rosen auf einem Stiel? . . . Wenn ich die nur bekommen kann“, sagte der Vater und machte sich auf den Weg.

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Gedicht der Woche 30/2010


… ist ein Titel der Klaus-Renft-Combo.
Ich hatte den damals gemocht und er spricht mich immer noch sehr an obwohl ich  ja nicht gerade zu den Ostrockfanatikern gehöre, aber es gibt einige Titel, die blieben in mir und reihen sich ein in die Riege guter Musik.

So wie dieser, der wegen  Textinhalt, der Einheit von Text und Melodie und deren Interpretation diesen Status erhielt…

Als ich wie ein Vogel war

Komp. Thomas Schoppe ; Text: Gerulf Pannach

Als ich wie ein Vogel war,
der am Abend sang,
riefen alle Leute nur Sonnenuntergang.
Alle Vögel sind schon da, keiner das rief.
Ohne Stimme flog ich fort, als schon alles schlief.

Irgendwann will jedermann raus aus seiner Haut.
Irgendwann denkt er dran, wenn auch nicht laut.

Als ich wie der Himmel war, überm Rosenstrauch
setzte mancher sich und sprach: Rosen blühen auch!
Ach wie ist der Himmel der Himmel blank, keiner kam da rauf.
Fiel mein Regen auf die Bank, standen alle Leute auf.

Irgendwann will jedermann…

Keiner hörte als ich sang – man sah das schöne Wetter.
Fiel mein Regen auf die Bank – man sah die Rosenblätter.
Meine Stimme sprang beim Sonnenuntergang so schön wie Rosenblätter.
Fiel mein Regen auf die Bank, mein Himmel wurde krank,
und auch mein Wetter.

Gartenimpressionen


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„Heiterkeit im Garten“ so heißt ein Gedicht von Rainer Brambach, das auch titelgebend für sein Gesamtwerk bei DIOGENES war. Heiterkeit im Garten – das passt auch auf unseren Garten in der Kleingartenanlage.

Heiterkeit im Garten
Kann ich sagen: Der Brunnen brunnt?
Schnittlauch gehört nicht in die Vase,
auch wenn er violett blüht.
Sag mir, warum nicht?
Ich zerreibe ein Salbeiblatt zwischen den Fingern,
Malven kommen hoch,
ein Regiment von Farnkraut steht mir entgegen.
Saufbrüderchen blühen rot,
ich blau, compostifolium brambachcensis.

Rainer Brambach

Gedicht der Woche 29/2010


Wie er wolle geküsset sein

Nirgends hin, als auf den Mund:
Da sinkts in des Herzen Grund.
Nicht zu frei, nicht zu gezwungen,
Nicht mit gar zu faulen Zungen.

Nicht zu wenig, nicht zu viel:
Beides wird sonst Kinderspiel.
Nicht zu laut und nicht zu leise:
Bei der Maß‘ ist rechte Weise.

Nicht zu nahe, nicht zu weit:
Dies macht Kummer, jenes Leid.
Nicht zu trocken, nicht zu feuchte,
Wie Adonis Venus reichte.

Nicht zu harte, nicht zu weich,
Bald zugleich, bald nicht zugleich.
Nicht zu langsam, nicht zu schnelle,
Nicht ohn‘ Unterschied der Stelle.

Halb gebissen, halb gehaucht,
Halb die Lippen eingetaucht,
Nicht ohn Unterschied der Zeiten,
Mehr alleine denn bei Leuten.

Küsse nun ein jedermann,
Wie er weiß, will, soll und kann!
Ich nur und die Liebste wissen,
Wie wir uns recht sollen küssen.

Paul Fleming