Gedicht der Woche 25/2016


Lyrik unterm Regenschirm

Fred Endrikat *1890 †1942

 Ich saß am Hesselohersee,
es tröpfelt–e und tröpfelt–e.
Ich dachte mir: Wie wunderbar
gegen heut‘ der vorige Sonntag war,
als sanft die Sonne lagert–e
wohl auf dem blitzeblanken See.

Wie wäre es auf Erden fein,
könnt‘ es doch ewig voriger Sonntag sein.
Wie sang schon einst so wunderschön
der Trompetersmann von Säckin-gen:
Es ist gar häßlich eingericht‘,
drum gibt’s kein‘ ewig vorigen Sonntag nicht! –

Am Tische saß ein Mann gerad‘,
der Kreuzworträtsel lösen tat.
Im Rasen spielt ein blondes Kind,
ein Kranz in seinen Locken hing.
Sein Antlitz war so zart und fein,
so zart und fein wie Elfenbein.

Ein Schwan durchschwante kühn den See,
ein Vöglein mich bekleckert–e,
die Geige schluchzte in die Höh‘,
mein Herz ergriff ein leises Weh.
Ich saß am Hesselohersee,
es tröpfelt–e und tröpfelte–e – – –