Gedicht der Woche 39/2020





Jenseits von Gut und Böse.
@ Otto Julius Bierbaum

Schwül war der Tag…
Auch das Gewitter, das aus schwarzer Wolke
Fegenden Regen in das Seegrau goss,
Gab keine Kühlung.
Unbewegt das Laub,
Durstdürr.
Und auch mein Herz war schwül,
Von Sehnsucht schwül nach Dir
Und Deinem Heissesten.
Und Dir auch dürstete das Herz
Und alle Sinne,
Und Deinen schmiegeweichen Leib an mich
Hast Du gedrängt,
Bittend aus Sehnsuchtsschwüle.

Da sahen unsere Seelen sich nackt in Liebe,
Und segenfeierlich vereinte uns Natur.

Wie im Garten
Des Paradieses, ehe die Schlange sprach,
Also erkannten wir uns wie im Traum
Und waren selig.
Wortelos
Im Arm uns lagen wir und kosteten
Vom Baume holdester Erkenntniss.

Schwül war der Tag,
In Schwüle ging die Nacht.
In segenschwangerer Wolke schwebten wir
Jenseits von Gut und Böse.

Aus der Sammlung Gusti. Ein Cyclus Liebe

Gedicht der Woche 38/2020


In einem Garten, unter alten Bäumen
@Arno Holz

In einem Garten, unter alten Bäumen,
auf dunkeler…Moosbank…Hand in Hand,
sinnend, zwiesam,
schweigend,
erwarten wir…die Frühlingsnacht.

Noch
glänzt kein Stern.

Die Büsche…verdämmern.
Plötzlich, aus einem
Fenster,
leise…getragen…schwellend,
die
tiefen…reinen, perlend…feinen,
steigend
ringenden, sehnend schwingenden, selig singenden,
flutenden, glutenden,
goldglitzernden,
silbersanften, silberlichten, silbersüßen
Schmelz-
Töne einer Geige.

Der
Goldregen blinkt; der Weißflieder
duftet;
in
unseren Herzen,
traumhold, traumrot, traumgroß,
uns
befriedend, uns berückend, uns bezaubernd, uns beglückend,
uns
glanzschauerdurchrieselnd,
geht
der Mond auf!


Aus der Sammlung  Zwölf Liebesgedichte

Gedicht der Woche 37/2020


Ein silbernes Märchen

@ Gustav Falke

Wie Spinneweben fein
Hängt in den Bäumen der Mondenschein,
Ist alles wie Silber: Baum, Beet und Steig,
Und wie glitzernde Glöckchen die Blüten am Zweig.

Klingt auch ein silbernes Stimmchen darein,
Stimmt lieblich zu all dem silbernen Schein.
Zücküt. – Wie sich der Flieder wiegt,
Frau Nachtigall fliegt
In den Mond hinein.