Gedicht der Woche 40/2010


Storm, Theodor (1817-1888)

Oktoberlied

Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
Schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
Vergolden, ja vergolden!

Und geht es draußen noch so toll,
Unchristlich oder christlich,
Ist doch die Welt, die schöne Welt,
So gänzlich unverwüstlich!

Und wimmert auch einmal das Herz –
Stoß an und laß es klingen!
Wir wissen’s doch, ein rechtes Herz
Ist gar nicht umzubringen.

Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
Schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
Vergolden, ja vergolden!

Wohl ist es Herbst; doch warte nur,
Doch warte nur ein Weilchen!
Der Frühling kommt, der Himmel lacht,
Es steht die Welt in Veilchen.

Die blauen Tage brechen an,
Und ehe sie verfließen,
Wir wollen sie, mein wackrer Freund,
Genießen, ja genießen!




2 Kommentare zu „Gedicht der Woche 40/2010

  1. Mein Vater hat dies Gedicht sehr gerne rezitiert; für mich ist es immer mit seiner tiefen Stimme und ostpreußisch gefärbten Sprache verbunden.

  2. trotzige Lebensfreude strahlt es für mich aus, verstehe ich, dass es in Deinem Vater „umging“. Ob es davon eine Vertonung gibt?
    Frage schon selbst beantwortet, gibt es, von Franz Liszt, hier in einer Interpretation von Wilhelm Strienz (Bass)

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